Ideen zur Rettung des Strandbad Wannsee – Ausstellung 31.08. bis 15.09.2024
Das Strandbad Wannsee und seine bewegte Geschichte sind vielen bekannt. Seit über 95 Jahren lockt das ikonische Bad ganz Berlin in die Bucht des Wannsees. Was viele nicht wissen: Heute steht mehr als die Hälfte des denkmalgeschützten Ensembles ungenutzt leer. Während sich jeden Sommer bis zu 10.000 Badende täglich am Sandstrand erfreuen, verfällt wenige Meter dahinter ein einzigartiges Baudenkmal – und damit eine Raumressource mit großem Potenzial.
Als vor genau hundert Jahren die Stadt das Strandbad übernahm, hatte der sozialdemokratische Strandbaddirektor Hermann Clajus eine Vision: einen Erholungsort zu schaffen, an dem alle sozialen Schichten willkommen sind. Er öffnete das Bad für alle, organisierte Essensausgaben und Ferienlager für Kinder aus den Mietskaserenen der Arbeiterbezirke. Stadtbaurat Martin Wagner und Magistrats-Oberbaurat Richard Ermisch schufen 1929 bis 1931 ein ikonisches Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit. Ein weitläufiges „Weltstadtbad“ für die moderne Körperkultur der Weimarer Republik, mit Licht, Luft und Sonne für alle. Mit seinem 1,3 km langen und 80 Meter breiten Strand und jährlich über einer Million Badegästen war es seinerzeit das größte Binnenfreibad Europas. Clajus, dem nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Entlassung und Verfolgung drohten, nahm sich im März 1933 das Leben.
Noch heute reihen sich entlang des 500 Meter langen Wandelgangs des Strandbads Läden, Kioske, Imbisse und ein Café, eine Rettungsstation, Garderoben sowie Dusch- und Sanitärräume. Die darüberliegenden vier Umkleidehallen und Sonnenterrassen sind hingegen baufällig und nicht mehr zugänglich. Am Ende der Promenade befindet sich das verwitterte Strandrestaurant Lido. Sein geschwungener Gastraum mit Bar und Terrasse, eingebettet in eine riesiges Rondell mit rundem Wandelgang waren einst der Dreh- und Angelpunkt des Strandbads. Seine Kapazität von 2.500 Plätzen wurde ganzjährig intensiv genutzt – als Biergarten, Ausflugslokal und Spritzeisbahn.
Die Initiative von Professor Carsten Gerhards von der Hochschule Darmstadt schlägt nun vor, das Denkmal im Sinne des Weiterbauens zu retten und ihm eine sinnstiftende Zukunft zu geben. In Anlehnung an die früheren Werkstätten für die Instandhaltung des Strandbads könnte am Wannsee eine „Bauhütte“ entstehen, die Jugendlichen eine Ausbildung in verschiedenen Gewerken des Bauhandwerks, in der Gastronomie, in der Gärtnerei, als Bademeister, Rettungsschwimmerin, Fitnesscoach und Parkrangerin ermöglicht. So kann der Bestand sukzessive unter Anleitung von Profis denkmalgerecht saniert und von Lernenden und Lehrenden ganzjährig betrieben werden. Damit würde das Baudenkmal fit gemacht für die Zukunft und die soziale Idee des Strandbads und seines Gründungsdirektors Clajus im 21. Jahrhundert neu gelebt werden.
Vom 31. August. bis 15. September zeigt die Ausstellung Wanna See Wannsee?, wie sich Architektur und Geschichte mit einer tragfähigen Weiternutzung verbinden lassen – um das Denkmal zu retten und dabei die soziale Idee des Strandbades und seines Gründers Hermann Clajus aufzugreifen.